Bis 1991 schmückte das "Luisenfenster" den Treppenaufgang eines Jugendstilhauses in Ilmenau. Seit 1998 ist es Schauobjekt in der Dauerausstellung des GoetheStadtMuseums Imenau.
In der Zeit des Jugendstils erlebten künstlerisch bemalte Bleiglasfenster ihre Wiederentdeckung. Dieses Bleiglasfenster aus dem Jahr 1907 entstammt wahrscheinlich einer regionalen Hand. Es zeichnet sich durch eine feine und qualitätsvolle Glasmalerei aus. Der Künstler legte großen Wert auf die originalgetreue Kopie des 1879 entstandenen Gemäldes von Gustav Richter.
Wie keine andere Königin wurde Luise von Preußen (1776-1810) zum Mythos und zur Nationalheiligen erhoben. Durch ihr gefälliges, offenes Wesen gewann sie bald die Herzen der Untertanen. Luises Beliebtheit und ihr mutiges Auftreten gegen Napoleon ließen sie nach ihrem frühen Tod zur "Schutzgöttin" der nationalen Befreiungsbewegung werden. Schon zu Lebzeiten war Luise beliebtes Motiv bildlicher Darstellung und wurde später mit Hilfe zahlreicher Gemälde, Statuen und Schriften zur Kultfigur der deutschen Nation.
Der Mythos Luise hat verschiedene Ursachen. Luises Ehe mit Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770-1840) galt als Muster an Sitte und Bescheidenheit. Angesichts französischer Erfahrungen bemühte sich das preußische Königspaar um Bürgernähe. Luises früher Tod 1810 löste in politisch schwieriger Zeit eine Massentrauer aus. Ihr Sarkophag im Schloss Charlottenburg wurde zur Kult- und Wallfahrtsstätte, nicht zuletzt durch die geschickte Inszenierung des preußischen Königs. Zur Heiligen idealisiert, fehlte in kaum einem bürgerlichen Haus ihr Bildnis. Die Literaten dieser Zeit trugen mit ihrer schwärmerischen Verehrung dazu bei, die bürgerliche Königin zum nationalen Vorbild zu stilisieren. Die Luisenstiftung (1810), das Eiserne Kreuz (1813), der Luisenorden (1814) sind Instrumente des preußischen Staates zur Stärkung des Mythos.
Als deutscher Kaiser sorgte schließlich ihr Sohn Wilhelm I. (1797-1888) für einen Erinnerungskult, der Luise zur "Mutter der Nation" werden ließ. Als Kultfigur für Tugendhaftigkeit und Reinheit prägte sie fortan das deutsche Frauenbild und die Kindererziehung bis in die Nachkriegszeit des 20. Jahrhunderts. (Text: Silke Leisner)